1. VIOLETTE STALAKTITEN
Violette Stalaktiten
wachsen mir ins Herz,
hab den Film zu oft gesehen,
und habe nichts gelernt.
Und flog mit all den Flügen
zum Äquator und zum Pol,
und fuhr mit all den Zügen,
ich schaff es nicht, der Alkohol ...
Violette Stalagmiten
entwachsen meinem Hirn,
ich möcht so viel noch unternehmen,
und habe nichts gelernt.
Hast du jemals unterm Himmel
die Schwalben fliegen sehen,
wie die sich da sammeln
und dann im Wind vergehen ...
2. WOLKENKIND
Hör mir zu,
wenn ich mit den Engeln
singe,
hör mir zu,
wenn ich mit den Bienen
schwärme
Ich fliege mit den Wolken,
ich ziehe mit dem Wind,
hör mich, hör mich:
wenn es wärmer wird:
ich bin dein Wolkenkind.
Hör mir zu,
wenn ich mit den Engeln singe,
und mit den Bienen schwärme
Ich fliege mit den Wolken,
ich ziehe mit dem Wind,
hör mich, hör mich:
ich bin dein Wolkenkind.
Hör mir nur nicht zu,
ich mein es ernst,
wenn ich an meinem Sprengsatz
hänge, die Engel und die Bienen,
gefangen in den Minen,
mein Silberschatz . . .
und was ich mir sonst
an Innerstem
noch antu . . .
Ich fliege mit den Wolken,
ich ziehe mit dem Wind,
hör mich, hör mich:
ich bin dein Wolkenkind.
3. AUSVERKAUFT
Lieber nieder als kaputt
immer wieder
Lieber Schotter als den Schutt
immer wieder
bist du deppert ...
Was hab ich mich da angestrengt,
euch was zu bringen, euch zu dienen,
hab mich in die Luft gesprengt,
hab mich mit Maschinen
gerauft,
bist du deppert ...
ausverkauft.
Lieber wieder als vorbei
immer wieder
Lieber Vollkornbrot als Brei
immer wieder
bist du deppert ...
Was hab ich mich da angestrengt,
euch zu bezaubern, euch zu verführen,
hab mich in die Luft gezwängt,
hab mich mit Autotüren
gerauft,
bist du deppert ...
ausverkauft.
Und was hab ich bei dir damit?
Und was hab ich davon?
Leere Kasse,
spring ich vom Balkon?
Was hab ich mich da angestrengt,
wir sind nach all den Jahren
ausgelaufen,
bist du deppert ...
ausverkauft
4. ARIZONA
Arizona unter Steinen
es sieht
es sieht durch
es sieht durch dich
hindurch
versteckt
in Kakteen
wo die Spuren
sich verlieren
versteckt
im alten Cadillac
wo du mit ihr
versteckt
in der kalten Hütte
wo sie mit dir
versteckt
in Spalten
wo die Spuren
sich verlieren
Arizona unter Steinen
unter Knochen
wo ihr euch
verkrochen habt
umsonst . . .
es sieht
es sieht durch
es sieht durch euch
hindurch
versteckt in all den Steinen
zeitlos
Arizona unter Steinen
8. LASS MICH RAUS
lass mich raus
aus diesem Zimmer,
ich will lernen wie es ist,
weg von dir
und weg aus dieser Wohnung
lass mich raus
aus deinen Händen,
ich will spüren wie es ist,
weg von dir,
raus aus diesen Wänden.
lass mich raus
aus dir
lass mich raus
aus dir
lass mich raus,
wohin auch immer,
ich muss wissen wie es ist,
weg endlich von dir
und weg aus diesem Zimmer
raus
aus dir
lass mich raus
aus dir
raus
aus dir
lass mich raus
aus dir
5. AUF HALBER STRASSE
Wie denn auch sonst,
ich will ein Zeichen setzen,
ich will fliegen,
vom neunten Stock
und . . .
lasst mich liegen,
auf halber Straße
Ich bin gut angekommen,
vergesst die Zwischenräume,
ich will fliegen,
vom neunten Stock
und . . .
lasst mich träumen,
auf halber Straße
Hand in Hand
am Straßenrand,
ich greife dich . . .
ich begreife dich . . .
du warst mein Erz, mein Engel,
von dir hab ich Fliegen gelernt . . .
vollkommene Flügel,
von dir hab ich Fliegen gelernt . . .
lasst mich liegen,
auf halber Straße
von dir hab ich Fliegen gelernt . . .
lasst mich träumen,
auf halber Straße
von dir hab ich Fliegen gelernt . . .
6. DIE BLAUE FORELLE
So viele Bilder hängen
in den großen Museen zuviel
die Leute stoßen und drängen
an ihr vorgegebenes Ziel
Das ist Politik und Endzweck,
niemand schaut mehr nebenan
in die dunkleren Ecken,
wo auch der kleine Maler was kann . . .
dieser hier konnte jedenfalls,
man sieht, der ging an die Quelle
und bereitete sich vor,
und saß am Wasserfall
und auf der engen Insel
im Strom und an der Schnelle
und wartete . . . er wollte ihr
und zuvor, zuvor, schneller
kommen, die Pinsel und die öligen
Farben, und da war sie: . . .
die blaue Forelle!
7. MIRIAM
Miriam, wir haben uns nicht oft gesehn,
doch wenn, dann ließen wir uns gehn,
als gäb es keine Gegenwart
und die Stunden nur Mäander
doch gepaart.
Woran ich mich erinnere
sind deine Hände,
wie geschaffen fürs Klavier,
oder das Cello, gelenkig und schnell,
in eines Großherzogs Zimmer
und ich den Cognac servier.
Miriam, oh Miriam,
wir ließen das verwehn,
Miriam, oh Miriam,
wir ließen das so stehn.
Auch wenn wir uns nicht wiedersehn,
so viele Jahre nichts gehört,
für uns gibt es keine Gegenwart,
wir leben in kommenden Sphären,
vielleicht.
Miriam, oh Miriam,
wir ließen das verwehn,
Miriam, oh Miriam,
wir ließen das so stehn.
Nur wir können verstehn,
was zwischen uns geschah,
wir sagten Nein
und ließen das so stehn,
vielleicht hätten wir eine Chance gehabt,
sie war ja da,
es konnte halt nicht sein,
konnte nicht sein.
Miriam, oh Miriam,
wir ließen das verwehn,
Miriam, oh Miriam,
wir ließen das so stehn.
9. ÜBERALL
Überall, du bist überall,
sobald die Falle,
sobald ein Schmerz,
du bist überall
und auf der Stelle
sobald eine schnelle
Katastrophe,
du bist einfach überall
Und dann warst du weg,
und ich küsste träumend deine Brüste,
es war ein Überfall.
Und dann war ich weg,
über alle Berge,
ging meinen eignen Weg,
doch du bist überall.
und bin gestorben
auf meinem Weg
hinunter ins Tal . . .
und du bist immer noch
überall …
10. IM SCHLOSS
Langsam und leise
die Fenster im Eise
niemand wird uns hören
kalt wie du bist
du warst einmal
Langsam und leise
auf unsere Weise
niemand wird uns stören
kalt wie du bist
du warst einmal
Langsam und leise
das Ende der Reise
niemand wird uns hören
kalt wie du bist
du warst einmal
Du warst einmal
die Einzige von allen
für mich, niemand sollte . . .
langsam und leise
ich sah dich fallen . . .
war es das, was ich wollte?
11. SCHÖNHEIT
Schönheit,
wach noch nicht auf,
ich bin’s,
will dich nicht wirklich wecken
steh noch nicht auf
Schönheit,
lass die Augen zu,
du kannst das,
hast alles im Griff,
wir finden sicher einen Weg
um all die vielen
Paragraphen,
wie ein Salamander
im roten Sand,
wie ein Falke
über all dem Stillstand . . .
Schönheit,
mach die Augen auf,
ich bin’s,
wollte dich ja doch wecken . . .
es ist so weit:
sieh mich an
und sag mir,
du kannst das,
wie ein Salamander,
wie ein Falke:
bist du bereit?
mein Mädchen,
Schönheit
wir sind bereit . . .
12. HÄTTE ICH
Hätte ich gefunden,
ich hätte dich geliebt.
Hätt ich dich gefunden,
hätte ich geliebt . . .
Ich hab gesucht
in all den üblen Lokalitäten,
hab mich verrucht
zu den üblichen späten
Stunden, Jahre lang . . .
Hätte ich gefunden,
ich hätte dich geliebt.
Hätt ich dich gefunden,
hätte ich geliebt . . .
Ich hab gesucht
in all den Frauen in Museen,
ich hab versucht,
nach Trophäen zu schauen,
Jahre lang . . .
Doch:
Hätte ich geliebt,
ich hätte dich gefunden.
Hätt ich dich geliebt,
hätte ich gefunden . . .
hätte dich nicht gesiebt
durch profundeste Profile,
ich hätte dich erkannt,
die eine, unerkannt,
die einzige, in all den vielen.
13. VERGISSMEINNICHT
Vergiss mein nicht,
ich hoff du weißt,
ich bin noch immer für dich da.
Was hatten wir zu lachen,
und wir spürten,
wir sind ein Paar.
Und das waren wir auch
für all die hellen Stunden.
Komm rein, wir feiern Jahrestag.
Vergiss ... alles,
wir feiern Jahrestag.
Dann drüber übern Berg,
hinunter in das Tal,
und so waren wir verschwunden.
Komm rein, wir feiern Jahrestag.
Vergiss ... alles,
wir feiern Jahrestag.
Drum vergiss mein nicht,
ich hoff du weißt,
ich bin noch immer für dich da.
14. WEISST DU WAS DAS
HEISST?
Sie observieren uns seit Wochen,
sie wissen Bescheid,
ihre Hunde haben uns gerochen,
die Spur war ja auch mehr als heiß:
weißt du, was das heißt?
Wir sitzen in der Falle,
in unsrer eignen Falle,
es gibt keinen Ausweg,
keine Hintertür:
weißt du, was das heißt?
weißt du was:
wir haben alles so satt
wir packen unsere Sachen
und fliehen in die Stadt (die große Stadt),
solln sie uns verfolgen, sollen sie . . .
wir lassen’s krachen
. . . . . aber wie?
Wir sitzen in der Falle ...
weißt du was:
wir träumen, (wir räumen)
das alles (die alle)
einfach hinweg,
dann haben wir Platz
. . . . . Unmengen Platz
15. MEIN ZWILLING
ich lieg im Bett,
seit Wochen schon
vergehe langsam
seh nichts mehr,
nur den Plafond
langsam
und seh mich auf der Autobahn,
Geisterfahrer,
ich will nicht einmal autofahren
ich will nicht, will nicht,
es ist nicht mehr weit!
ich will nicht, will nicht,
es ist nicht mehr weit!
Bin geboren mit der Angst
und kann
Bin geboren mit der Angst
und will nicht
Bin geboren mit der Angst
und will nicht mehr
mein Zwilling
und seh mich auf dem Mond,
ohne Maske, ich atme, atme
das Universum mein Plafond
langsam, langsam
Bin geboren mit der Angst
und kann
Bin geboren mit der Angst
und will nicht
Bin geboren mit der Angst
und will nicht mehr
mein Zwilling
Bin geboren mit der Angst
und kann
Bin geboren mit der Angst
und will nicht
Bin geboren mit der Angst
und will nicht mehr
mein Zwilling
Zwilling
16. DIE KÖNIGIN
Wenn du dann aufwachst,
siehst du eine neue Welt,
wie ich sie für dich,
und nur für dich,
perfekt gestaltet
habe, damit sie dir gefällt.
Wenn du dann aufwachst,
bist du endlich bei dir,
nach all den Tagen,
du magst fragen,
wo bin ich hier?
Du bist zu Hause bei mir.
Wenn du dann aufwachst,
die Augen aufmachst,
bist du die Königin,
die Herrscherin, und du, nur du,
kannst bestimmen,
wie es mit dir herinnen
. . . weitergeht.
17. HAST DU KEINE MÄRCHEN
MEHR FÜR MICH?
Hast du
und du warst
so voller Geschichten,
wo du überall warst,
im Wald, auf dem Nordpol, in der Stadt . . .
du hast das Licht ausgeschaltet,
“schlafen gehen” gesagt
und ich wusste
jetzt kommt ein Märchen,
erzähl mir was
und meinem Polster!
das war das Schönste am Schlafengehen:
jetzt kommt ein Märchen!
Und was?
Irgendwas.
Mit wem?
Mit irgendwem.
Und wann?
JETZT!
Hast du
und du bist
so weit herum gereist,
hast alle die Schlösser und die Prinzessinnen gekannt
und die Pferde,
du hast das Licht,
du hast die Decke mit den Bären
ausgeschaltet
ich weiß jetzt auch, die sind kitschig, kaufen wir
eine neue, ich bin ja schon vier
und zu alt dafür
und dann hast du mir immer was erzählt!
Jetzt warst du weit weg.
Viel zu lange weg.
Aber sind dann auch die Märchen weg?
Erzähl mir was.
Irgendwas.
Mit irgendwem.
JETZT!
Oder hast du keine Märchen mehr für mich?
18. MARGARITA
Ich seh dich in der Sonne,
ich seh dich in der Nacht,
ich seh dich im Hotel,
hab all die Jahre über dich gewacht.
an deiner Seite und unter dir,
all meine Breite ...
all meine Perlen,
sie brachten nichts ...
als wäre dieses Zimmer
auf einmal zu klein ...
wie auch immer,
ich hab dich noch immer,
doch du bist mir ungefähr,
zu allgemein, zu schnell,
alle meine Perlen,
und oft zu schwer ...
Ich weiß dich in der Sonne,
ich weiß dich in der Nacht,
ich weiß dich im Hotel,
hab all die Jahre über dich gewacht.
ich hab dich noch ...
nicht mehr
19. MEINE LIEBEN
Was hab ich dich geküsst
im Schnee und auf der Gartenbank
was habe ich (auch nicht) . . .
und wusste
hier geht’s lang
Was hab ich dich geliebt
im Eis und im Sahara-Sand
was habe ich (auch nicht) . . .
und wusste
hier geht’s lang . . . nach Hause
Und dann die nächste:
Herz in der Hand:
was habe ich, was habe ich verpasst?
Und dann die nächste:
Herz in der Hand:
was habe ich, was habe ich verprasst?
Was hab ich euch geliebt
im Schnee und auf dem Strand
was habe ich (auch nicht) . . .
und wusste
hier geht’s lang
. . . nach Hause
20. KALT AM LEBEN
Sternenhimmel
und mir ist kalt
hab nirgends mich zu melden,
melde mich halt nirgends halt
Sternenhimmel
und mir ist kalt
hab nirgends mich zu leben,
lebe mich halt nirgends halt
und mir ist kalt am Leben
und lebe mich halt dran
kalt am Leben
und klebe mich halt dran
Kinderzimmer,
das Kind ist alt,
groß geworden, klein gehalten
mit und durch Gewalt
Kahle Wände,
fahles Licht
und eingepackt in ekler Watte,
einen Ausgang gibt es nicht
und mir ist kalt am Leben
und lebe mich halt dran
kalt am Leben
und klebe mich halt dran
und mir ist kalt am Leben
doch halt mich fest daran
kalt am Leben
doch bleib ich eben dran.
21. STILLE NACHT
Stille Nacht,
sie gießt ihre Sterne
wir haben Acht
Stille Nacht,
wir fließen in die Ferne,
in die Übermacht
Hab ich nachgedacht,
die Kirchen schließen,
gerne hätt ich nachgewacht
Stille Nacht,
was sind wir doch herumgeirrt,
was haben wir gelacht ...
Ausgemacht:
Napoleon verliert
die letzte Schlacht
und Tausende, wie ich,
überleben,
um den Schlaf gebracht
in einer stillen Nacht
22. WAR ICH DRAN?
war ich dran
war ich so ganz nahe dran,
am Paradies,
nur Millimeter,
deine Lippen
rot-weiß-rot
deine Lippen
war ich dran
war war ich so ganz nah dran,
an der Tiefe
nur Zentimeter,
war ich dran
war ich so ganz nah dran,
deine Lippen
rot-weiß-rot
deine Lippen
dein Mund
so rot-weiß-rot
bin ich dran
bin ich schon der nächste
?